Wollo spielt Fussball

Eine Ziege, die Fussball spielt? Ja, und wie! Doch wie kam es dazu?

Seit Zoro nicht mehr da ist, ist es meinen Ziegen furchtbar langweilig. Für Nina ist es nichts Neues, dass Familienmitglieder kommen und gehen. Sie ist eine meiner ersten Ziegen und hat in ihren 14 Jahren Leben schon so einiges gesehen.

Wollo hat seinen besten Kumpel und Spielkameraden verloren. Spielen und kämpfen ist wichtig für Ziegen, ein Grundbedürfnis sozusagen. Da das Rangordnungsgefäll zwischen den beiden aber zu gross ist, können sie nicht ebenbürdig miteinander spielen.

Deshalb habe ich Wollo einen Gymnastikball gekauft. Er fand das Ding anfangs einfach nur furchteinflössend und hat jedes Mal das Weite gesucht, wenn es sich bewegte. Mit Geduld und positiver Verstärkung konnte ich ihn aber bald davon überzeugen, den schrecklichen Gegenstand zu berühren und sogar selbst zu bewegen. Innerhalb etwa einer Woche hat er gelernt, dass man damit spielen kann.

Und jetzt LIEBT Wollo seinen Ball!! Er springt über die ganze Wiese, wenn man schon nur Richtung Ball geht und wartet jeden Morgen voller Freude darauf, dass jemand mit ihm Fussball spielt. Diese Ziege ist einfach der Hammer. Insbesondere wenn man daran denkt, was vor nicht mal einem Jahr mit seinem Bein passiert ist.

Trekkingziegen in Ausbildung

Unsere grossen und kleinen Abenteuer der letzten beiden Jahre in einem Video. Das meiste ist mit dem Handy gefilmt. Zeigt aber trotzdem ganz schön, was wir alles erlebt haben.

In den ersten Lebensmonaten trainiere ich mit den zwei Jungs vor allem eines: Die Beziehung. Oft sitze ich stundenlang bei ihnen, kraule sie, spiele mit ihnen.

Schon früh nehme ich die zwei Jungs überall hin mit. Sie kommen auf kleine Spaziergänge mit und lernen so die Welt kennen. Sobald sie ein bisschen zu neugierig werden, lernen sie an der Leine zu laufen. Wir machen auch bald die ersten Ausflüge mit ihnen. Autofahren ist bald kein Problem mehr und sie verstehen auch, dass es beim Wandern eben ums Laufen geht.

Als das Wetter im Herbst unangenehmer wird, beschränken wir die Spaziergänge auf kleinere Runden in der Umgebung des Stalles. Wie gross die zwei Buben schon geworden sind! Unterdessen kann ich auch Nina mitnehmen. Ich bin zwar stets der schlichtende Pol, aber alle drei sind unterdessen so gut erzogen, dass sie wissen, dass sie einander beim Spazierengehen nicht verhauen dürfen. Meistens klappt es. Das macht mich schon ein bisschen stolz.

Pfauenziegen haben ein ausgeprägtes Temperament. Nina hat es noch nie an Kampfwille gefehlt. Und die zwei Jungspunde lernen nun langsam, was es heisst, sich als Ziege zu behaupten. Zoro ist das Baby, er muss zuerst noch unten durch. Aber auch er wird seinen Platz finden. Bis dahin achten wir darauf, ihm genügend stressfreie Phasen im Tag zu bieten und mit ihm das Vertrauen aufzubauen, dass er in unserer Nähe sicher ist.

Langsam übe ich mit den beiden die ersten Tricks und damit spielerisch was es heisst “zu lernen”. Sie lernen meine Stimmkommandos deuten und verstehen wann es Belohnung gibt und wann nicht. Ich arbeite viel mit der Stimme. Mein Stimmlob benutze ich ähnlich wie den Klicker. Mit der Zeit wissen meine Ziegen genau, was ein “fein” bedeutet und brauchen nicht mehr immer Futterlob dafür.

Im zweiten Jahr sind die Jungs zu stattlichen Böcken herangewachsen und wir können können grössere Touren zusammen unternehmen. Unter anderem verbringen wir mehrere Tage im Jura oder gehen unsere Freunde in Adelboden besuchen. Nina, das Grosi, bleibt bei langen Touren lieber entspannt zu Hause.

Wollo und Zoro lernen zu ziehen, einen Packsattel zu tragen und nehmen im Herbst sogar mit zwei Ponys an einem kleinen Pferdemusical teil. Sie meistern alle Herausforderungen mit viel Neugierde und einer gehörigen Portion Witz.

Ziegentraining an einem Sommerabend

Training mit Zoro & Wollo an einem Sommerabend. Die beiden lernen u.a. auf Körpersprache zu weichen (persönlichen Raum respektieren – bei Ziegen sehr wichtig), Führübungen und Longieren, Gähnen auf Kommando, Küsschen geben, Fuss heben, Hinlegen, Sitzen, Spanischer Schritt, Steigen etc. Und natürlich viel Kuscheln. 🙂

Wollos Beinfraktur

Als ich die Ziegen abends füttern will, finde ich einen mit von Schreck geweiteten Augen, zitternden Wollo vor. Sein rechtes Vorderbein hängt leblos in der Luft. Als ich es abtaste ist schnell klar: Das Bein ist am Unterarm (über dem Karpalgelenk) komplett gebrochen. Wie Wollo das geschafft hat ist mir bis heute schleierhaft…

Die Diagnosin der Tierärztin ist klar: Ein solcher Bruch muss operiert werden. Wäre er unter dem Karpalgelenk gewesen, hätten wir das Bein mit einer Schiene vielleicht hingekriegt. Aber oberhalb kann man die Schiene zu wenig fix befestigen. Es muss eine Platte am Knochen befestigt und ein Gips gemacht werden. Dafür muss Wollo ins Tierspital…

Dass eine Ziege ein Bein bricht gibt es schon ab und zu mal. Dass sie die Chance auf eine Operation bekommt eher selten. Zumal so ein mehrwöchiger Aufenthalt im Tierspital ein Vielfaches einer Ziege kostet…

Für mich ist aber sofort klar, dass Wollo diese Chance bekommen soll. Es wird schon irgendwie gehen. Es muss.

Im Tierspital Bern wird Wollo sofort gut betreut und schon am nächsten Morgen vom Chef operiert. Ich warte mit einem flauen Gefühl im Bauch. Eine Vollnarkose ist immer ein Risiko für eine Ziege, weil die Pansentätigkeit eingeschränkt wird.

Nach ein paar Stunden kommt endlich der erlösende Anruf: Wollo hat die Operation gut überstanden. Beim Besuch kann ich ihn aus seuchetechnischen Gründen erst nur durch die Scheibe betrachten. Er erkennt meine Stimme trotzdem sofort. Und sein verlorener Blick und klägliches Meckern trifft mich direkt ins Herz.

Die ersten Tage trägt Wollo einen Gips, der später durch eine Schiene ersetzt wird. Er bleibt noch eineinhalb Wochen im Tierspital zur Kontrolle. Wann immer es geht, bringe ich ihm frische Blätter. Er fühlt sich in seinem Böxli nicht sehr wohl und fängt schon bald an, es mit seinen Hörnern zu bearbeiten. Ein Zeichen, dass er wieder zu Kräften kommt.

Mit seinem Charme hat er übrigens das Klinikpersonal schon bald um den Finger gewickelt. Jaja, er ist und bleibt ein Charmeur.

Als ich Wollo nach Hause hole, trägt er noch während zwei Wochen die Schiene, später ein Stüztverband und am Schluss darf er das Bein endlich wieder belasten.

Er hat stark abgenommen und will anfangs nicht so recht fressen. Zum Glück nützt die Spritze vom Tierarzt und er fängt wieder zu knabbern an. Damit entscheidet er sich für die Erholung.

Heute kann Wollo sein Bein wieder normal belasten. Er hat immer noch die Platte am Knochen. Die kann auch bleiben, sofern sie ihn nicht stört. Wenn er normal geht, sieht man kaum mehr etwas. Beim Laufen hüpft er oft ein bisschen, es wirkt aber nicht so, als ob er noch Schmerzen hat. Wenn ich ihn nun springen und toben sehe, bin ich einfach nur glücklich, dass er noch da ist.

Zum Etang de la Gruère

An einem verregneten Frühlingswochenende machen wir einen Ausflug zum Lac de Gruère im Jura. Ein rabenschwarzer Moorsee, den man umwandern kann. Eindrücklich ist das Wasser, das so überhaupt nicht preisgibt, was sich in seinen Tiefen verbirgt.

Der Étang de la Gruère ist ein gestauter Moorsee, der sich in einer Mulde auf dem Hochplateau der Freiberge im Kanton Jura befindet. Das Hochmoorgebiet steht unter Naturschutz.

Unsere beiden gehörnten Begleiter ziehen – wie immer – viel Aufmerksamkeit auf sich. Da sich viele Leute auf die Seeumrundung begeben haben, einige auch mit ihren Hunden, behalten wir die zwei Böckli mehrheitlich an der Leine. Sie machen das super und gewöhnen sich auch schnell dran, über Stege und Brücken zu träppelen.

Zum Abschluss des Ausfluges gibt es ein Kafi am Bielersee. Toll! 🙂

Die meisten Bilder sind von S.Marti, der Rest mit einer kleinen Kamera gemacht. 

Der kleine Wollige…

“Komm vorbei und nimm ein Gitzi-Bad.” Mit diesen Worten lädt mich eine befreundete Pfauenziegen-Züchterin Anfang Februar zu sich ein. Ziegen tragen fünf Monate und werden saisonal im Herbst bockig. Das heisst im Frühling ist Gitzi Zeit.

Ziegen bekommen ein bis zwei Zicklein. In seltenen Fällen auch Drillinge. Bei einer Herde von zwanzig Ziegen kann  schon mal rund dreissig Gitzi bedeuten. Was mit “Gitzi-Bad” gemeint ist, kann man sich also vorstellen.

Die schönsten weiblichen Tiere werden zur Zucht nachgezogen. Vielleicht auch ein / zwei Böcke. Die restlichen, die Böckchen und die Mischlinge landen an Ostern auf unseren Tellern. So ist das. Das ist die Realität und hat nichts mit Tierquälerei zu tun. Ohne Gitzi keine Milch. Und ohne Milch keinen Ziegenkäse. Und was sollte man tun, wenn sich eine Herde innerhalb von einem Monat mehr als verdoppelt?

Da sind sie nun also. All diese Ziegenkinder. Mein persönliches Paradies! Meine Freunde sind von meiner Idee ein Böckli als Packgeiss mitzunehmen begeistert. Die Ziegenkinder wegzugeben ist immer einer der schwierigsten Momente für einen Züchter und so darf wenigstens eines der Böckli weiterleben. Der Entscheid für den kleinen Wolligen fällt aus dem Bauch heraus. Einfach so. Weil mich die Mischung aus Pfauenziege und Walliser Schwarzhalsziege schon immer fasziniert hat. Und ich lange Haare mag. Ja. So ist das.

So schöppelen meine Freunde Wollo für mich auf und als wir ihn im April besuchen, ist er schon ein richtiger Pascha. Zutraulich, vorwitzig, wollig und einfach wahnsinnig sympathisch.

Mit drei Monaten hole ich ihn ab. Als hätte er nie etwas anderes gemacht, lässt er sich sein Gestältli anziehen, meckert fünf Minuten im Auto, legt sich dann hin und findet sich mit der neuen Situation ab. So ist er. Solange es Essen gibt, kann’s ja nicht so schlimm sein.

Mit drei Monaten ist er struppig, halb lang-, halb kurzhaarig, eine Ziege die aussieht wie zwei in einer. Und doch für mich von Anfang an wunderschön.